Endlich
ist der Tag da, an dem sich einer meiner langgehegten Träume erfüllen wird -
die Reise in das südlichen Archipel der Philippinen, den Sulu Inseln. Ist
das undefinierbare Kribbeln im Bauch nun von der Ernährungsumstellung oder
aber doch von den Erwartungen auf das Sulu-Abenteuer? Man vernimmt so viel
Negatives über Kidnapping, Piratenüberfälle, Diebstähle, Bootsunglücke,
politische Morde! Von Manila aus ist es mit dem Airbus nur ein kleiner
Hüpfer nach Zamboanga - eine Stunde und 25 Minuten. Noch ist es aber Nacht
in der Metropole, trotzdem lässt sich ein Taxi zum National Airport leicht
finden. Die Strassen zum Flughafen sind um diese Zeit nicht so hoffnungslos
verstopft. Um 05 25 Uhr bin ich vor der Abflughalle. Mein langjähriger
Freund Adrian Gorostiza hilft mir, das viele Expeditionsgepäck verlustlos
durch die Menschenmassen zum Check in-Schalter zu schleusen. Endlich, der "Ameisenhaufen"
liegt hinter mir, die Sicherheitsgurten festgezurrt, der Jet rollt mit nur
wenig Verspätung zur Rollbahn. Jetzt weicht das Grollen im Magen einem
wohligen Gefühl, im richtigen Flugzeug zu sitzen. Im Flug über die Inselwelt
der Philippinen kann ich jetzt meinen Vorträumen auf
das Paradies freien Lauf lassen. Der traumhafte Sonnenaufgang, die bizarren
Wolkengebilde lassen das Glück endgültig einkehren in der Seele, die vorher
von Fernweh gepeinigt war. Da ziehen sie dahin, Insel um Insel, bekannte und
unbekannte. Einige davon hatte ich schon besucht und es ist spannend, nach
den Urwäldern zu suchen, in denen ich früher die Zelte aufgeschlagen hatte.
Zamboanga, die Stadt mit dem wohlklingenden, geheimnisvollen Namen, im
südwestlichsten Zipfel der Insel Mindanao gelegen, ist nicht mehr weit.
"Fasten sit belts", die Nase an die runden Scheiben gedrückt um ja nichts zu
verpassen, landet der Jet perfekt auf der holprigen Piste, die
philippinischen Piloten verstehen ihr Handwerk - wie immer!
|
Die Perle
der Philippinen, wie Zamboanga gerne genannt wird, ist doch weit entfernt,
eine zu sein. Vielleicht stammt der Ausdruck noch aus den Zeiten der ersten
Siedler und den kolonialen Zeiten. Oberflächlich betrachtet unterscheidet
sie sich nicht sehr von anderen philippinischen Städten. Verkehrschaos,
stinkende Abgase, Menschenmassen aller Schattierungen, aber sie ist trotzdem
anders, ein Hauch von Exotik ist noch geblieben. Sicher chauffiert mich der
Taxifahrer durch das Verkehrschaos und unbeschadet erreiche ich das Lantaka
Hotel.
Ein
gutes, hübsches Hotel direkt am Meer gelegen, mit schöner Gartenanlage und
einer Terrasse, von dem aus man einen herrlichen Ausblick hinüber auf die
Berge von Basilan geniesst. Nachdem das Gepäck im Zimmer verstaut und einige
Runden im schönen Swimmingpool gedreht sind, lockt der riesige Markt,
berühmt für sein vielfältiges Angebot an Waren. Märkte erlauben einen guten
Einblick in das Leben und die Gewohnheiten einer Region. Das Meer liefert
eine Unmenge von Fischen und Meeresfrüchten aller Arten, bizarr und
vielfarbig.
Einem
Meeresaquarianer müssten die Tränen rollen, wenn er da die seltensten Arten
leblos als schnöde Zutat zum Mittagessen herabgewürdigt sähe. Bei den
Trockenfischen könnte er sich wieder erholen, diese sehen nicht mehr so
hübsch aus, fast könnte man sagen in Tarnfarben, aber der intensive Geruch
verrät sie! Gemüse, vieles unbekannt, Dutzende von Gewürzen, Reissorten,
kaum zu zählen, für unterschiedlichste Zubereitungen. Die Vielfalt der
angebotenen, reichen Auswahl an Früchten zeugt vom fruchtbaren Umland der
Stadt.
Nicht zu übersehen, oder zumindestens für die Nase intensiv und penetrant
wahrnehmbar, die Königin der Früchte, die Durian! Es ist gerade Saison für
diese von vielen verabscheut, von anderen aber heiss geliebte, Köstlichkeit.
Der Geruch - oder muss man sagen Gestank - liegt schwer in der Luft,
vermischt sich mit Trockenfisch und Gewürzen zu einer Kombination, bei der
jeder Lungenzug jene Fremdartigkeit ins Gedächnis hämmert, dass jedem klar
wird, sich endgültig nicht mehr im hehren Alpenland zu bewegen. Wie schon
angetönt, die einen lieben sie, den anderen ist sie verhasst wie die Pest,
die igelige Frucht, die so gar keine Frucht zu sein scheint. Für mich ist
sie eine Delikatesse von ungewöhnlichem Genuss. Vor einem Riesenberg dieser
stacheligen Kugeln setze ich mich zu den Verkäufern auf den Boden. Ein
Zahnstocher aus Bambus ist jetzt das wichtigste Instrument, um die Reife der
Früchte zu testen. Die rundlichen-ovalen Früchte sollen am Ende leicht
aufgespalten sein. In diese Öffnung stösst man nun den dünnen Span ins
Fruchtfleich, die köstliche Fruchtpulpa sitzt unter der mässig harten Schale
und umgibt jeweils einen Samen. Genüsslich rieche ich an dem Holzstäbchen
und wähle mir diejenige Frucht aus, die am "sympatischsten stinkt".
Inzwischen bin ich umringt von einer Schar kichernder und freundlich
lächelnder Zamboangesen. Es scheint, dass ich der einzige Fremde auf dem
Markt bin. Alle sind sie nun gespannt, ob ich nun die Stinkfrucht auch
wirklich esse. Ja, ich lasse das Fruchtfleisch auf der Zunge zergehen wie
Götterspeise, ein einzigartiger Genuss für Zunge und Gaumen. Sie sind nicht
nur wohlschmeckend sondern auch gesund, reich an Vitaminen und eine
Energiebombe. Zwei dieser Durian habe ich genossen und ernte dafür
wohlwollende und freundliche Zustimmung der fröhlich gestikulierenden
Menschen. Einige werden mich noch durch den ganzen Markt verfolgen,
neugierig, wofür sich der bärtige "oben ohne" noch alles interessiert. Diese
exotischen Märkte sind stets wieder ein besonderes Erlebnis für diejenigen,
die sich ohne Angst vor Kontakten mit den liebenswürdigen Menschen durch die
Menge wagen.
|